Fotos: Daniel Sadrowski, Gesine Lübbers, Juliander Enßle, Marc Ansorg, Antje Eickhoff

Unionviertel Dortmund

Unionviertel Dortmund – Gewerbehof und Stadtteilgenossenschaft als Motoren der Quartiersentwicklung

„Danach hast du immer gesucht“ – schon von der Straßenbahn aus fallen die großen Sprechblasen in den Schaufensterscheiben ins Auge. So bewirbt die Genossenschaft „InWest eG“ im Dortmunder Westen all die Räumlichkeiten, die sie im Projekt „Unionviertel.kreativ“ angemietet hat und nun neuen Nutzern bereitstellen möchte. Eine Immovielie im „Pott“, die wie ein Puzzle aus zahlreichen Einzelteilen besteht und bereits an vielen Orten im Viertel sichtbar und wirksam wird. Das Unionviertel, wegen der vielen ehemaligen Brauereien im Volksmund immer noch „Biermeile“ genannt, mausert sich seit 2012 zum Kreativquartier.

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Projekt

Union Gewerbehof Dortmund
Stadtteilgenossenschaft InWest eG

Gebäudetyp

Mehrere ehemalige Verwaltungsgebäude, Laborgebäude und Werkstätten eines Stahlbetriebes/Walzwerkes (Hoesch Stahlwerke AG), gebaut ca. 1930, Umnutzung in mehreren Teilbereichen seit 1986.
Zusätzlich zahlreiche Laden und Gewebeimmobilien im Viertel über die InWest eG angemietet.

Gesamtfläche oder Nutzflächen nach Nutzung

2.500 Quadratmeter am Anfang. Heute sind es ca. 5.500 Quadratmeter Fläche als Büro-, Werkstatt-, Atelier- und Lagerräume verschiedenster Größe und gemeinschaftlich genutzte Flächen, Seminarräume sowie einige zentrale Dienstleistungen.
Angemietete Fläche der InWest eG Stadtteilgenossenschaft (2016) ca. 4.000 Quadratmeter Ladenlokale und Büroräume.

Projektstatus

Etabliert für den Union Gewerbehof,
Pionierphase für die Stadtteilgenossenschaft

Das Besondere – Erfolgsbausteine

Der Union Gewerbehof ist mehr als ein gutes Beispiel für die sinnvolle Umnutzung von alten Industriegebäuden. Die Macher und der Gewerbehof sind seit 30 Jahren wichtige Player der Quartiersentwicklung, mischen sich ein, bieten Räume und kreative Lösungen. Sie kämpfen bis heute gegen Leerstände, spekulative Vermarktung und Arbeitslosigkeit im Viertel.
Selbsthilfe und Widerstand gegen Arbeitslosigkeit und Leerstand waren die Triebfeder für die Gründung des Union Gewerbehofes. Heute beherbergt das Gebäudeensemble 90 kleine Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen und ist immer noch ein Ort der Auseinandersetzung mit dem Quartier und der sozialen Situation vor Ort.
Den positiven Entwicklungsprozess im Stadtteil zu begleiten und zu unterstützen sowie neue Angebote und Dienstleistungen für den Stadtteil zu entwickeln, das ist das Ziel der Stadtteilgenossenschaft InWest eG. Die Gründung der Stadtteilgenossenschaft 2015 durch Initiatoren und Nutzer des Union Gewerbehofes zeigt die Verbundenheit mit dem Quartier und die Offenheit für langfristige Lösungen. So sind sowohl der Geschäftsführer Hans-Gerd Nottenbohm als auch zahlreiche Nutzer aktiv im seit 2006 laufenden Stadtumbauprogramm aus der Städtebauförderung beteiligt. Die Stadtteilgenossenschaft soll die Nachhaltigkeit des Stadtumbaus sichern und die Chancen des Quartiers als Kreativquartier fördern.
Das Gemeinsame hat einen großen Stellenwert. Es gibt mehrere Räume für die Allgemeinheit und ein Hofcafé als Treffpunkt. Durch das Zusammenwirken verschiedener Menschen und Unternehmen mit unterschiedlichen Zielen auf engstem Raum ist ein soziales Gebilde entstanden, das fruchtbare Formen der Zusammenarbeit hervorgerufen hat.
Der Union Gewerbehof ist 1986 entstanden durch Eigeninitiative von 13 arbeitslosen Menschen mit Unterstützung von Initiativen gegen Arbeitslosigkeit und zur lokalen Entwicklung. Diese gründen einen Trägerverein und erhalten nach symbolischer Besetzung einen Nutzungsvertrag. Neben dem Trägerverein wird eine GmbH, die das Gelände mit Landesförderung kauft, gegründet.
Der Umbau des ersten Teilbereichs wurde überwiegend mit ABM-Kräften gestemmt und teilweise selbst finanziert von den Nutzern. Bei den baulichen Maßnahmen und der technischen Gebäudeausstattung spielt der Einsatz umweltfreundlicher Materialien und Technologien (z.B. Kraft-Wärme-Kopplung) von Anfang an eine wichtige Rolle.

Chronologie

Am Anfang

Juni 1986: 13 arbeitslose Menschen „besetzen“ ein Gebäude der Hoesch Stahl AG in Dortmund auf dem heutigen Gelände des Union Gewerbehofs. Nach wenigen Wochen wird die Besetzung durch einen Nutzungsvertrag zwischen Hoesch und einem Trägerverein für so genannte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Dortmund abgelöst. Dieser Trägerverein zusammen mit kleinen, neu gegründeten Unternehmen bildet die Nutzergemeinschaft.

Sommer 1987: Weitere Gebäudeteile werden in den Nutzungsvertrag mit einbezogen, durch Unternehmensgründungen vergrößert sich die Nutzergemeinschaft. Sowohl die schlechte Gebäudesubstanz als auch die Verkopplung der Gebäude mit dem Stahlwerk erschweren allerdings die Erweiterung und eine dauerhafte Nutzung. Verhandlungen mit Hoesch über den Ankauf eines abtrennbaren Teils des Geländes werden geführt und gleichzeitig wird nach Finanzierungsmöglichkeit für den Umbau und die Umnutzung gesucht.

Mai 1988: Für den anstehenden Kauf des Geländes erweist sich die Nutzergemeinschaft als ein zu lockeres Band. Neun Einzelpersonen und ein Verein ergreifen die Initiative und gründen eine GmbH mit einer genossenschaftsähnlichen Satzung. Dieser wird ein Zuschuss aus dem Technologieprogramm Wirtschaft im Rahmen der Zukunftsinitiative Montanregion des Landes NRW gewährt als Anteilsfinanzierung für einen umwelt- und sozialverträglichen Gewerbehof. Entsprechend bekommt die GmbH den Namen „Union Gewerbehof für umwelt- und sozialverträgliche Techniken GmbH“. Die GmbH beantragt die steuerliche Gemeinnützigkeit zur Förderung des Umweltschutzes und bekommt diese anerkannt. Die Zahl der Gesellschafter der GmbH erhöht sich in den Jahren danach auf ca. 40 Personen, ist aber in den letzten Jahren wieder rückläufig.

Aufbau


Sommer 1995: Unter dem Motto „gemeinsam selbstständig Arbeiten“ (GESA) entsteht im Union Gewerbehof eine Unternehmensgründungsinitiative von Frauen, die nachhaltig den Anteil der durch Frauen geführten Betriebe im Union Gewerbehof erhöht. Außerdem werden zusätzliche Gebäude angemietet, die später gekauft werden.

Sommer 1996: Zum 10-jährigen Bestehen gibt es im Union Gewerbehof 40 kleine Unternehmen mit insgesamt ca. 150 Arbeitsplätzen. Viele dieser Unternehmen erbringen Dienstleistungen und produzieren Güter unter dem Label Ökologie. Bei der Gründung des Gewerbehofs war das noch ein exotisches Anliegen. 1995 waren ökologische Kriterien allerdings ein weit über den Gewerbehof hinausgehender anerkannter Standard einer nachhaltigen Produktion.

Herbst 1997: Mit Beginn der Heizperiode 1997/98 löst sich der Union Gewerbehof aus dem Energieverbund mit dem benachbarten Stahlunternehmen und wird seitdem durch ein Energiecontracting mit der Dortmunder Energie und Wasser und durch ein hauseigenes Blockheizkraftwerk versorgt.

Winter 1998: Das Finanzamt Dortmund erkennt der Union Gewerbehof GmbH die steuerliche Gemeinnützigkeit ab. Der Rechtsstreit über die daraus resultierende Steuernachforderung zieht sich bis in den Sommer 2005 hin und lähmt die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten. Der Rechtsstreit endet zugunsten des Union Gewerbehofs, ermöglicht eine gedeihliche Weiterarbeit und erspart die Zahlung einer Steuerforderung in Höhe von 1 Million D-Mark an das Finanzamt. Der Union Gewerbehof verliert allerdings für die Zukunft seine steuerliche Gemeinnützigkeit.

Verstetigung


Sommer 2006: Zum 20-jährigen Bestehen sind im Union Gewerbehof 54 kleine Unternehmen ansässig. Eindeutige Schwerpunkte der Unternehmensgegenstände der mietenden Firmen sind nicht zu identifizieren. Das Label Ökologie ist nicht mehr tragend. Allerdings ist das Anliegen, neue Erwerbsmöglichkeiten für Leute, die arbeitslos sind bzw. waren, zu schaffen und zu erhalten, nach wie vor Triebfeder der Aktivitäten. Schließlich hat Dortmund im Jahr 2006 genauso wie bereits bei der Gründung des Union Gewerbehofs vor 20 Jahren eine Arbeitslosenquote von rund 17 Prozent.

Seit 2006: aktive Teilnahme am Stadtumbauprozess „Rheinische Straße“, später „Unionviertel“ mit der Stadt Dortmund. Damit einher gehend und durch das anstehende Kulturhauptstadtjahr beflügelt entwickelt sich ein kreativwirtschaftlicher Cluster.

Auf lange Sicht


Heute beherbergt der Union Gewerbehof 90 Unternehmen, die soziale und erwerbswirtschaftliche Ziele verfolgen und für rund 200 Menschen Arbeit schaffen. Im engen Nebeneinander unterschiedlicher Menschen, Ziele und Unternehmensgegenstände ist ein soziales Gebilde entstanden, das fruchtbare Formen der Zusammenarbeit und gegenseitige Bereicherungen hervorgebracht hat.

In 2012 gründen einige der Nutzer und der Union Gewerbehof die Stadtteilgenossenschaft InWest eG, um die Ziele des Stadtumbaus langfristig zu sichern und als Träger eines BIWAQ-Projekts des Bundesbauministeriums aufzutreten.

Finanzierung

Union Gewerbehof: Landesförderung zum Start (750.000 Euro), Kredite über DSL ab 1988, Ökobank ab 1994, GLS Bank ab 2003, Sparkasse Dortmund ab 2010 und Privatdarlehn laufend und Eigenkapital der Gesellschafter 52.000 Euro. Insgesamt 620.000 Euro für den Kauf und 750.000 Euro verbleibend nach AFA 14 für die Sanierungsmaßnahmen bis heute. Dem gegenüber stehen 300.000 Euro an Mieteinnahmen ohne Betriebskostenumlagen jährlich.

Die Mieten im Union Gewerbehof liegen bei durchschnittlich 5 Euro pro Quadratmeter kalt.

INWest eG: Start mit einer Finanzierung aus BIWAQ später finanziert aus Städtebauförderungsprogramm Stadtumbau West mit Mitteln des Bundes, des Landes und der Stadt Dortmund und aus den Einnahmen der Vermietung. Beratung und Qualifizierung von Existenzgründern durch laufende Programme der Wirtschaftsförderung oder kulturelle Programme der Stadt Dortmund. Die notwendigen Eigenmittel des Projekts werden von Union Gewerbehof aufgebracht. Insgesamt eine Förderung in Höhe von 1,3 Millionen Euro über 5 Jahre.

Die Mieten für die Ladenlokale und Gewerbeflächen bei der InWest eG liegen bei durchschnittlich 5.50 Euro kalt, nur im Hohen Wall sind es schon 8 Euro kalt.

Organisationsform

Union Gewerbehof Verein: Zunächst ein wurde 1985 ein Trägerverein für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gegründet.
gGmbH: Für den Kauf des Geländes wurde die Union Gewerbehof GmbH in 1988 mit zunächst 10 Gesellschaftern gegründet, die dann als gemeinnützig zur Förderung des Umweltschutzes anerkannt wird. Langer Kampf um die steuerliche Gemeinnützigkeit von 1998 bis 2005, die bezüglich der finanziellen Rückwirkung zugunsten des Union Gewerbehofes entschieden wird, aber mit dem zukünftigen Verlust der Gemeinnützigkeit verbunden ist. Die aktuelle Bezeichnung lautet Union Gewerbehof für umwelt- und sozialverträgliche Techniken GmbH. An einem Formwechsel zur Genossenschaft Union Gewerbehof wird gearbeitet.

Genossenschaft InWest eG: gegründet 2015 auf Initiative des Union Gewerbehofes und anderer Akteure im Quartier.
Mitglieder der neuen Genossenschaft sind derzeit der Verein Rheinische Straße e.V., der Union Gewerbehof, die EWEDO GmbH (Qualifizierung und Beratung), die GiD mbH (Interkulturelle Dienstleistungen), die PLANUNGSGRUPPE STADTBÜRO, HEIMATDESIGN und Neue Kolonie West e.V., ein Zusammenschluss von Kreativen im Quartier.
Die Form der Genossenschaft bietet die notwendigen Strukturen, um die Selbstorganisation sowie die Vernetzung der Unternehmen untereinander zu fördern und unterstützen. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit der Stadterneuerung, der Wirtschaftsförderung und den Kulturbetrieben umgesetzt.
Zum Gelingen braucht es zusätzlich strategische und ideelle Unterstützung und tatkräftige Botschafter. Deshalb wurde zum einen ein Beirat ins Leben gerufen, der möglichst vielfältiges Expertenwissen und unterschiedliche zivilgesellschaftliche Ebenen aus den für das Projekt relevanten Bereichen Stadtentwicklung, Wirtschaft und Kultur in sich vereint.
Zum anderen werden die Akteure im Viertel als wichtige Multiplikatoren über einen Runden Tisch aktiv in den Entwicklungsprozess eingebunden.

Die Bewohnerjury zum Quartiersfonds ist ebenfalls ein wichtiges Gremium, das von der InWest eG organisiert und verwaltet wird. Die Jury entscheidet jährlich über vielfältigste zivilgesellschaftliche Projekte von Veranstaltungen über Workshops und Kurse zu den Themen Öffentlichkeitsarbeit und Imageverbesserung, Aktionen zur Förderung des interkulturellen Zusammenlebens und der Nachbarschaft, zu Kultur- und Jugendprojekten und vielem mehr.
Für die quartiersbezogenen Projekte zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements stehen jährlich Mittel von etwa 16.000 Euro zur Verwendung bereit.
Die Jury besteht aus 13 Personen, 7 Anwohnern und 6 Institutionenvertretern. Diese sind der Bezirksbürgermeister und sein Stellvertreter und vier weitere Vertreter ortsansässiger Organisationen und Einrichtungen aus den Bereichen Wohnungswirtschaft, Kunst und Kultur, Integration und Bildung.

Kommunikation

Bunt, informativ und vielseitig ist die Unionviertelzeitung. Seit 2008 gehört sie zum Quartier und begleitet dessen Entwicklung vom Stadtumbaugebiet mit „Schmuddel-Image“ zum pulsierenden Kreativstandort. Schon zu Beginn deckte die Quartalsschrift, die zunächst Rheinische Straßenzeitung hieß, die Potentiale des Quartiers auf: interessante Menschen, aktive Vereine, super Ideen, engagierte Bewohner, schöne Wohnungen und tolle Geschäfte. Zusätzlich werden in der Broschüre UNIONVIERTEL.KREATIV die Macher des Projektes, Orte und Gesichter aus dem Viertel vorgestellt und natürlich für die zu vermietenden Laden- und Gewerbeeinheiten geworben.

Die Internetseiten vom Union Gewerbehof  und von der InWest eG werden kontinuierlich aktualisiert.

Seit Herbst 2016 ist das Unionviertel eine der Bürgerwerkstätten zur Gestaltung des digitalen Wandels im Quartier des Bauministeriums des Landes NRW.

Immobilien/Planen/Bauen

Der Um- und Ausbau erfolgte in einer ersten Stufe von 1988 bis 1991 als Projekt „Umwelt- und sozialverträglicher Gewerbehof“ durch die Union Gewerbehof GmbH. Das Projekt umfasst neben dem Kauf und der Renovierung der Gebäude Qualifizierungsmaßnahmen für Handwerker in ökologischer Gebäudetechnik und für Leitungspersonal in sozialen Initiativen. Außerdem gehört selbstverständlich auch der Aufbau des Gewerbehofs zu dem Projekt. Da es sich bei der Projektfinanzierung nur um eine Anteilsfinanzierung handelt, werden die notwendigen Eigenanteile an den Gesamtkosten des Projekts durch das Eigenkapital der GmbH und ein Hypothekendarlehen aufgebracht. Die Renovierungsmaßnahmen am Gebäude umfassen die Erneuerung der Fenster, der Heizungsanlage, sanitärer Einrichtungen und teilweise der Dächer der Gebäude. Die Gebäudestruktur wird weitgehend erhalten und mit Hilfe ökologischer Baustoffe renoviert und bei Bedarf den Nutzungsnotwendigkeiten der Mieter angepasst. Die Erprobung und Demonstration umweltgerechter Lösungen in der Renovierung wirtschaftlich genutzter Gebäude ist das Hauptanliegen.

Juni 1992: Im Landeswettbewerb „Umweltverträgliches Bauen im Bestand“ erhält der Union Gewerbehof den ersten Preis durch die Ministerin für Bauen und Wohnen des Landes NRW. Durch die Anmietung und anschließende Renovierung weiterer Gebäude des Stahlunternehmens Hoesch verdoppelt der Gewerbehof ab 1994 die zu vermietende Fläche.

1986 bis 1988: Durchführung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahen zur Umgestaltung der leerstehenden Gebäude und Entwicklung neuer ökologischer Produktideen

1988 bis 1991: Förderung durch die Zukunftsinitiative Montanregion des Wirtschaftsministeriums des Landes NRW und den Europäischen Sozialfond

1992 bis 1998: teilweise Rückzahlung von Fördermittel des Landes, da öffentliche Mittel vorzeitig vor den Eigenmitteln eingebracht wurden. Die Erweiterung des Gewerbehofs in diesen Jahren konnte deshalb nur durch Anmietung und anschließende Weitervermietung erreicht werden.

1999 bis 2005: drohende Steuerforderung behindert die weitere Entwicklung des Gewerbehofs

2006 bis heute: sich selbst tragender Ausbau des Gewerbehofs durch Ausbau, Modernisierung und Ankauf von Immobilien

2012 bis heute: Entwicklung des Konzepts einer Stadtteilgenossenschaft, durch die Funktionsverluste im Stadtteil mit Hilfe eines gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb angegangen werden.

Nachbarschaft und Stadtteil

Das Viertel Rheinische Straße/Union Viertel gehört zum Stadtbezirk Innenstadt West der ca. 600.000 Einwohner starken Stadt Dortmund. Im industriell geprägten Quartier (Stahlindustrie) leben ca. 10.000 Einwohner, davon über 50 Prozent mit Migrationshintergrund in sehr engen Wohnverhältnissen. Eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit, niedrige Einkommen und die städtebaulichen Missstände mit hoher Emissionsbelastung machen es zum Problemviertel mit vielen Leerständen, insbesondere bei Ladenlokalen. Von Gründerzeitbebauung bis einfache Wohn- und Geschäftshäuser über klassischen Mietwohnungsbau der 70er Jahre findet sich eine bauliche Mischung. Aufgrund der niedrigen Mieten und durch den Union Gewerbehof ist das Viertel seit einigen Jahren auch bei Existenzgründern beliebt. Im Quartier Rheinische Straße gibt es viele Aktive und Aktivitäten, die das Viertel nach vorne bringen wollen. Der Verein Rheinische Straße hat den Stadtumbau von Anfang an begleitet. Durch das Stadtumbauprogramm konnten eine erfolgreiche Aktivierung, Modernisierung sowie Programme zur Förderung der Wirtschaft aufgelegt werden. Noch bis 2018 wird unter dem Titel UNIONVIERTEL.KREATIV ein Programm laufen, das die Ansiedlung von jungen kreativen Unternehmen beschleunigen und verstetigen soll. Dieses Programm führt die Stadtteilgenossenschaft InWest eG durch.

Seit der Fertigstellung des Dortmunder U (neues Wahrzeichen der Stadt) und durch die Impulse des kulturellen Großprojektes Ruhr.2010 zeigt sich, dass die Nachfrage von jungen Kreativwirtschaftlern nach bezahlbarem Raum im erweiterten Umfeld des Dortmunder U für Einzel- und Gemeinschaftsgründungen weiter ansteigt. Das Unionviertel bietet gute Voraussetzungen für die Etablierung eines kreativwirtschaftlichen Standorts. Dies bezieht sich zum einen auf die vorhandenen (kreativ-)unternehmerischen Schwerpunkte sowie auf öffentliche Infrastrukturen und zum anderen auf die (noch) verfügbaren leerstehenden Räume. Aus diesem Grund wurde das Unionviertel schon 2010 in das Programm „Kreativ.Quartiere“ des Ministeriums MFJKS unter Federführung der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr (wmr) und des european centre for creative economy (ecce) aufgenommen. Auch der „Masterplan Kreatives Dortmund“ trägt der Entwicklung Rechnung und formuliert neben allgemeinen Zielen die Implementierung eines „Kreativwirtschaftlichen Inkubators“ als Impulsprojekt für das Quartier.

Mit dem Union Gewerbehof an der Huckarder Straße und der InWest am Hohen Wall bestehen zwei Standorte mit unterschiedlicher inhaltlicher Ausrichtung, deren Gemeinsamkeit darin besteht, insbesondere für Gründer und etablierte kreativwirtschaftliche Unternehmen attraktive Räumlichkeiten zu bieten. Neben diesen beiden größeren Standorten haben sich im Stadtteil in den zurückliegenden Jahren ca. 40 Ateliers, Galerien und Büros gegründet, die kultur- und kreativwirtschaftliche Schwerpunkte haben.

Der Quartiersfonds, ebenfalls als Projekt zur Aktivierung im Stadtumbau begonnen, ging 2017 in die Zuständigkeit der InWest eG über, die nun die Geschäftsführung übernimmt und fortführt. Der Fonds wird nun gespeist aus Mitteln der Bezirksvertretung und aus den Einnahmen einer Solaranlage (12.000 Euro im Jahr). Die Genossenschaft berät bei der Entwicklung von Projektideen, unterstützt bei der Antragstellung und sorgt für Organisation, Dokumentation und Leitung der Jurysitzungen, die über die eingereichten Anträge abstimmen.

Wen oder welche Unterstützung brauchen wir noch?

Für den Union Gewerbehof werden weitere anmietbare oder käufliche Flächen gesucht, denn die Nachfrage übersteigt das Angebot. Interessante Gebäude sind auf dem erst kürzlich frei gewordenen Areal der ehemaligen Spundbohlen Produktionsanlage der Salzgitter AG vorhanden, die es nun vor einen Abbruch zu retten gilt und die Hans-Gerd Nottenbohm gerne als Union Gewerbehof gekauft hätte. Allerdings wurde das Gelände im Jahr 2016 von einem Investor erworben. Auch bei der Entwicklung der Werkshalle sind nicht nur kreative Ideen gefragt, sondern auch solche, die sich selber finanzieren können, denn schließlich müssen hier die Kosten für Miete und Nebenkosten eingespielt werden.

Unterstützung und viel Power sind gefragt für das Einmischen in die Entwicklung des neuen Quartiers auf dem Hoesch-, Thyssen-Krupp-Stahl- und Salzgitter-Areal, das durch einen Essener Investor aufgekauft wurde. Dazu startete bereits eine Beteiligungskampagne des Vereins Die Urbanisten im Union Gewerbehof.

Die InWest eG muss bis Ende 2018 finanziell auf eigenen Beinen stehen, d. h. der Dienstleistungsbereich sollte bis dahin gut funktionieren und ausgebaut sein.

Stolpersteine

Beim Union Gewerbehof war lange Jahre die Steuerforderung und Aberkennung der Gemeinnützigkeit ein Damoklesschwert, das die Entwicklung in den Jahren 1998 bis 2005 hemmte. Ebenfalls behinderte die Rechtsform der GmbH die Einbeziehung neuer Gesellschafter/Mitglieder.

Für die InWest eG: Es gibt wenige günstige Ladenlokale und Gewerbeeinheiten, die die Genossenschaft übernehmen kann, denn die Mietpreise vieler Eigentümer sind deutlich höher als die zu erzielende Miete bei einer Weitervermietung an die neuen Nutzer der Kreativwirtschaft. So ist die Marge, die bei einer Weitervermietung möglich ist, ggf. nicht ausreichend. Es gibt wenig ansprechbare Eigentümer, d. h. diese lassen die Immobilien aus Spekulationsgründen liegen, sind im Ausland oder in großen Konzernen schlecht einzubinden oder haben kein Vertrauen in das Handeln der InWest eG.

Links und Downloads

Union Gewerbehof

InWesteG

Film über das Hofcafé von Ruhrtourismus

Satzung in West eG

Beispiel Formular Antrag Quartiersfonds: Antrag_QF_2016