Foto: UTB GmbH, de+ Architekten, Stiftung trias, Rüdiger Mangel

Haus der Parität Berlin

„Wir haben eine Haltung zur Stadtentwicklung und unsere Haltung ist nicht Gewinnoptimierung sondern Projektoptimierung.“ Das sagt Thomas Bestgen, Berliner Investor und Projektentwickler des schicken, viel beachteten Luxus-Neubau-Areals „Am Lokdepot“ in Schöneberg. Immerhin 3500 Euro kostet hier der Quadratmeter Eigentum im Schnitt. Klingt also erstmal überraschend. Aber: In bester Berliner Lage – auf der Grenze zu Tempelhof mit freier Sicht auf Bahnschneisen und nahe des Gleisdreieckparks – ist auf Baufeld 18 in der Dudenstraße 92 tatsächlich auch Wohnraum für neun Euro Miete pro Quadratmeter entstanden. Für Menschen und soziale Einrichtungen, die sich mehr auch nicht leisten können.

Und das „Haus der Parität“ oder „Lok 18“ – wie das Projekt wechselweise genannt wird – hat noch mehr zu bieten: Die neue und alte Kiez-Nachbarschaft kann sich in dem bald komplett fertig gestellten Wohnquartier, ausgezeichnet sogar mit dem Deutschen Architekturpreis, bald in einem „Repair-Cafe“ treffen. Kennt man in der Hauptstadt sonst eher aus den Hinterhöfen der alternativen Szene. Einen Gemeinschaftsgarten soll es auch geben. Eine Schenkung des Investors macht’s möglich.

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Projekt

Das „Haus der Parität“ bietet dauerhaft bezahlbaren Wohnraum für beeinträchtigte Menschen. Dazu betreiben fünf gemeinnützige Projektträger unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin im Bezirk Tempelhof-Schöneberg eine integrative Kita, eine Ü60-Wohngruppe sowie Appartementwohnen für psychisch kranke und geistig behinderte Menschen und ein Repair-Café unter einem Dach.

Gebäudetyp

Dreigeschossiger Neubau mit teilweise ökologischen Baumaterialien, KfW-70-Haus mit Blockheizkraftwerk.

Gesamtfläche oder Nutzflächen nach Nutzung

  • Grundstücksfläche: 3.983 qm
  • Bruttogeschossfläche: 2.350 qm
  • Gesamtnutzfläche: 1.882 qm
  • Nutzfläche nach Nutzungsarten:
  • 34 Appartements und 5 Gemeinschaftsräume für psychisch kranke Menschen und Menschen mit geistiger Behinderung, ein Gemeinschaftsgarten, ein Repair-Café, eine Kita mit ca. 40 Plätzen. Die Kita ist kombiniert mit Senioren-Appartements.

Projektstatus

Gründungs- und Aufbauphase: Bauphase bis Ende 2016

Das Besondere – Erfolgsbausteine:

Der Initiator, die UTB Projektmanagement- und Verwaltungsgesellschaft mbH, als Investor und Projektentwickler des gesamten, 20.000 Quadratmeter großen Neubau-Areals „Am Lokdepot“, hat das Grundstück gestiftet.

Seit 1996 realisiert die UTB Wohn- und Hausprojekte unter aktiver Beteiligung von Bürgern, Mietern, Genossenschaftsmitgliedern, Migranten, Hausbesetzern oder Eigentümern. Die nachhaltige Quartiers- und Stadtteilentwicklung steht dabei immer im Vordergrund.

Zu den Aufgabenbereichen der UTB zählen u.a. die Projektentwicklung im Wohnungsneubau sowie die Projektsteuerung und Projektleitung in der regionalen Immobilienwirtschaft.

Die UTB stellt mit dem Konzept „LOK 18 – Haus der Parität Schöneberg“ ein Modell vor, das es ermöglicht, im Bezirk Tempelhof-Schöneberg dauerhaft bezahlbaren Wohnraum für beeinträchtigte Menschen zur Verfügung zu stellen und sozialen Trägern anbieten zu können. Insgesamt fünf Träger ermöglichen mit ihren Einrichtungen im „Haus der Parität“ ein breites Angebot für die Menschen im Bezirk.

Die Umsetzung dieses Modellvorhabens wird durch eine Schenkung des Grundstücks Dudenstraße 92/Am Lokdepot 17 seitens der UTB an die Stiftung trias verwirklicht. Die Stiftung ist Bauherrin des Gebäudes und steht für die langfristige Nutzung durch die Träger. Damit werden Menschen unterstützt, die am Wohnungsmarkt nur schwer Wohnraum finden.

Die UTB garantiert durch die Übernahme der Projektentwicklung und -betreuung die Kostensicherung sowie die Einhaltung der vereinbarten Qualitäten.

In Kooperation mit der Naturstrom AG werden Strom und Wärme mit einem Mieterstrommodell den Bewohnern zur Verfügung gestellt.

Planer und Bauherren im Dialog:

Durch die enge Abstimmung mit und zwischen den Trägern während der Planungs- und Bauphase konnten die Vorstellungen, beginnend mit den Gemeinschaftsräumen über rollstuhlgerechte Wohnungen bis hin zur Zugänglichkeit optimal umgesetzt werden.

Vor dem Hintergrund der Entwicklungen auf dem Grundstücks- und Immobilienmarkt Berlins ist dies, gemeinsam mit den auf die Bedürfnisse des Bezirks und der Großstadt Berlins abgestimmten Nutzungen auf dem Gelände und der ungewöhnlichen Zustiftung, eine besondere Konstellation.

Chronologie

Am Anfang

Die UTB hat im Umfeld des „Hauses der Parität“ bereits mehrere Bauvorhaben realisiert. Für die Übernahme der langfristigen Sicherung einer Zweckbindung für ein Haus für soziale und gemeinnützige Träger wandte sich UTB an die Stiftung trias, mit der sie in der Vergangenheit bereits erfolgreich zusammengearbeitet hatte.

Aufbau

2013/2014 Erste Gespräche über die Zustiftung des Grundstücks zwischen der UTB und der Stiftung trias. Die UTB trat an die Stiftung trias wegen ihres langjährigen Engagements im Bereich des gemeinschaftlichen Wohnens heran.

April 2015

Die Stiftung trias erhält das Grundstück von der UTB auf dem Wege der Zustiftung.

Juni 2015

Positive Entscheidung über die umfassende Kooperation auch im Bau mit der UTB und Baubeginn. Die UTB übernimmt mit ihrer langjährigen Erfahrung die Bauleitung.

Verstetigung

Juli 2016: Ein „Monsunregen“ setzt die Dudenstr. 30-40 cm hoch unter Wasser und überschwemmt die Baustelle. Nach erstem Schrecken und Erneuerung, hauptsächlich des Estrichs, war der Bau wieder „im Griff“. Vorher erzielte Baukosteneinsparungen sind nun durch Mietausfall aufgezehrt und der Einzugstermin musste auf Januar 2017 verschoben werden.

Januar 2017: Fertigstellung, Einzug und Beginn der operativen Tätigkeit der Träger im Haus der Parität. Die sozialen Träger – GamBe gGmbH, KommRum e.V., Pinel gGmbH, aktion weitblick – betreutes wohnen – gGmbH sowie TÄKS e.V. – haben die Räumlichkeiten im „Haus der Parität“ angemietet.

Auf lange Sicht

Grund und Boden und die Gebäude sind Eigentum der Stiftung trias. Die gemeinnützigen Träger mieten die Gebäude. Durch den Verbleib des Eigentums bei der Stiftung trias wird eine Privatisierung dauerhaft verhindert.

Finanzierung

Die Zustiftung des Grundstücks in Höhe von 950.000 Euro konnte von der Stiftung trias als Eigenkapital geltend gemacht werden. Hinzu kamen Mietzusicherungen der Träger, so dass die Baufinanzierung mit Bankdarlehen abgesichert werden konnte.

Die Baukosten sind mit 5,4 Millionen Euro veranschlagt.

Davon wurden 1,95 Millionen Euro durch ein Darlehen der KfW-Bankengruppe (für die energetische Sanierung auf KfW 70-Standard) finanziert.

Die GLS Gemeinschaftsbank eG unterstützt die Realisierung mit einem 5-jährigen Grundschulddarlehen mit 500.000 Euro und einem 10-jährigen Grundschulddarlehen in Höhe von 1,72 Millionen Euro.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin bezuschusst das Vorhaben mit weiteren 250.000 Euro um seine Angebotsstruktur und Wahrnehmbarkeit in der Öffentlichkeit zu verbessern.

Die Miethöhe liegt derzeit zwischen ca. 8,01 bis 12,41 Euro netto kalt, je nach Nutzung und Ausbaustandard der Räume. Auf alle Flächen sind dies im Schnitt 9,21 Euro/qm Nettokaltmiete. Die Mieteinnahmen sind auf derzeit ca. 208.000 Euro netto jährlich kalkuliert. Die Gemeinschaftsräume werden von den Trägern teilweise gemeinsam finanziert.

Organisationsform

Die Stiftung trias als Eigentümerin legt wert auf die  Umsetzung einer Gemeinschaft aus Organisationen mit einem Gesellschaftsauftrag und  Privatinitiativen. Die Belebung des Quartierst steht ebenfalls im Fokus des Vorhabens. Dazu arbeiten sie mit folgenden Sozialträgern und Projektvorhaben zusammen.

  • GamBe gGmbH. Gesellschaft für ambulante Betreuung und Begleitung
  • KommRum e.V. ist ein sozialpsychiatrischer Anbieter im Netz der sozialpsychiatrischen Pflichtversorgung Berlins.
  • Die Pinel gGmbH ist ein Unternehmen der Stiftung Pinel und gehört in Berlin zu den größten Trägern der ambulanten psychiatrischen Versorgung.
  • Der TÄKS e.V. ist freier Träger der Jugendhilfe und hat seinen Vereinszweck in der Förderung der Erziehung und Jugendhilfe.
  • Die aktion weitblick – betreutes wohnen – gGmbH ist eine gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung von Menschen mit Behinderung.

Das Projekt „Appartementwohnen LOK 18“ ist Bestandteil der  gemeindepsychiatrischen Versorgung des Bezirks Tempelhof Schöneberg. Das Angebot richtet sich an psychisch kranke Menschen, sowie an erwachsenen Menschen mit leichter bis mittelschwerer geistiger Behinderung. Die Ziele des Appartementwohnens sind die möglichst weitgehende und dauerhafte Integration psychisch kranker Menschen in das gesellschaftliche Leben sowie die Vermeidung bzw. Verkürzung von stationären Aufenthalten. Dazu gehören die Förderung und Entwicklung von Eigenverantwortung und Selbständigkeit.

Ein Kindergarten mit 40 Plätzen für Kinder ab frühestens sechs Monaten bis zur Einschulung. Neben bewährten konzeptionellen Schwerpunkten, wie der Ansatz von Maria Montessori und Emmi Pikler und dem Spiel- und Lernwerkstättenkonzept, wird als neuer Schwerpunkt eine intergenerative Pädagogik mit einer Wohngruppe für Menschen ab 60 Jahren umgesetzt. Die Konzeption für die Kindertagesstätte finden Sie hier: konzept-lok-18-2-003,.

Das Repair Café ist für die gesamte Nachbarschaft ein Angebot, um alleine oder gemeinsam mit anderen Dinge reparieren. Wer nichts zu reparieren hat, nimmt sich eine Tasse Kaffee oder Tee. Oder hilft jemand anderem bei der Reparatur. Auf dem Lesetisch liegen verschiedene Bücher zum Thema Reparatur und Heimwerken – immer gut als Inspirationsquelle.

Kommunikation

Das Projekt wird im Wesentlichen durch die Außendarstellung und Wirksamkeit der Träger im Quartier beworben, sowie gezielter Öffentlichkeitsarbeit zu Spatenstich und Richtfest. Weitere Veröffentlichungen sind vom Senat der Stadt Berlin und den weiteren Projektbeteiligten, wie z.B. der Naturstrom AG, erschienen.

Teamentwicklung

Die gemeinsame Abstimmung zwischen UTB, Stiftung trias und den Trägern ist das zentrale Austausch- und Koordinationselement. Die Träger haben vereinbart sich als Haus- und Quartiersgruppe regelmäßig zu treffen um im Haus sowie in das Quartier hinein gemeinsam zu wirken.

Insgesamt ist die Stiftung trias nur in geringem Umfang direkt involviert, sieht sich aber als „guten Investor“.

Immobilien/Planen/Bauen

Das Gelände war auf Grund der früheren Nutzung als Bahngelände erheblich mit Altlasten kontaminiert. Die Altlastensanierung wurde durch die Stifterin (UTB) übernommen.

Zudem mussten besondere Anforderungen an den Immissionsschutz (z. Bsp. Schallschutzfenster, teilweise Schallschutzwände) beachtet werden.

Bei der Bauausführung kamen sämtliche einschlägigen Baugewerke zum Einsatz, wobei die UTB das Baucontrolling übernahm.

Die bisherige Bebauung (vom Beginn des 20. Jahrhunderts) war nicht mehr zweckmäßig nutzbar, zudem war die Ausnutzung des Gewerbegeländes durch die vorhandenen Gebäude unzureichend. Als Generalplaner wurde „SchäferWenningerProjekt“ (SWP) aus Berlin beauftragt. Die Projektentwicklung hatte die UTB bereits vor der Zustiftung des Geländes an die Stiftung trias vollständig absolviert.

Es wurden keine direkten Eigenleistungen durch die Nutzer oder Träger übernommen.

Durch das Engagement der Stiftung trias konnten einige Materialien noch gegen solche aus nachwachsenden Rohstoffen ausgetauscht werden. Die Elektroleitungen sind gegen Elektrosmog ummantelt.

Nachbarschaft und Stadtteil

Durch die heterogene Nutzung des Hauses erhoffen sich die Initiatoren einen lebendigen Austausch innerhalb des Projektes und mit der Nachbarschaft. Das Gelände, gelegen am Ende eines Lokdepots des Deutschen Verkehrsmuseums, bildet eine Nahtstelle zwischen Kreuzberg und Schöneberg – hier treffen Alteingesessene und Neuangekommene aufeinander. Ein wichtiger Baustein ist dafür das Repair Café, welches sich als offenes Angebot für den Kiez versteht. Ebenfalls steht der für Kita und Senioren nutzbare Gemeinschaftsraum auch für die Nachbarschaft offen.

Wen oder welche Unterstützung brauchen wir noch?

Die sozialen Träger wünschen sich eine engagierte und aktive Nachbarschaft und hoffen, dass noch mehr Projekte mit engagierten sozialen Trägern, die eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen ermöglichen, auf den Weg gebracht werden können.

Stolpersteine

Einen unerwarteten Rückschlag ereilte das Projekt in Form eines Wasserschadens. Im Juli 2016 wurden verschiedene Berliner Bezirke überflutet, wovon auch das „Haus der Parität“ betroffen war. Dadurch kam es zu einem leichten Verzug der Baumaßnahmen. Die verspätete Übergabe der Räumlichkeiten an die neuen Nutzer führte zu Folgeproblemen, wie bspw. bei erwerbstätigen Eltern der Kita.

Die notwendigen Banksicherheiten konnten nicht in voller Höhe durch das Objekt selbst dargestellt werden. Daher wurde von der Stiftung trias auf einem anderen Objekt eine Grundschuld aufgenommen.

Zum Teil sehr lange Genehmigungszeiten auf kommunaler Ebene, u.a. durch die festzulegende Verkehrsführung waren einzuplanen.

Auf Grund der angrenzenden Bahnareale war eine Abstimmung mit der Deutschen Bahn (DB) hinsichtlich der Baulasten und Bauauflagen ebenso notwendig wie eine Schallschutzwand.

Die Inanspruchnahme eines professionellen Kostencontrollings wird rückblickend als sinnvolle Investition eingestuft.

Sonstiges

Bei alten Gewerbe- und Industrieflächen, aber auch ehemaligen Bahnarealen sind Altlasten keine Seltenheit. Der Umfang möglicher Sanierungsmaßnahmen sollte rechtzeitig festgestellt werden.

Zusätzlich sollte die Verwendung baubiologisch wertvolle Materialien frühzeitig verhandelt werden. Ebenso ist die Erstellung eines Energiekonzepts bereits zu einem frühen Zeitpunkt zu empfehlen, da dessen Ergebnisse unter Umständen für die Verhandlungen mit Versorgungsunternehmen genutzt werden können.

Projektdarstellung auf der Webseite der Stiftung Trias

UTB Projektmanagement- und Verwaltungsgesellschaft mbH