Foto: Das ehemalige Parkhaus am Büchel, von Andreas Herrmann

Vielfalt am Büchel – Immovielien-Quartier für Aachen?

Ein Gespräch mit den Projektmitarbeiter*innen Antje Eickhoff und Nils Jansen, geführt von Vivienne Graw für das Netzwerk Immovielien.
 
Dieser Text erschien zuerst Mai 2021 im Immovielien-Heft 1. Das gesamte Heft ist hier digital abrufbar.
 
Seit 2019 ist Netzwerk-Gründungsmitglied Frauke Burgdorff Planungsdezernentin in Aachen. Das Projekt „Altstadtquartier Büchel“ trägt deutlich ihre Handschrift. Von zwei Projektmitarbeiter*innen wollten wir genauer erfahren, was im Herzen der Aachener Altstadt, rund um das Parkhaus „Büchel“ passiert.
 
Auf einer Fläche von ca. zwei Hektar soll ein neues, vielseitiges Innenstadtquartier mit einem Nutzungsmix aus öffentlichen Räumen, Wohnungen, Lern- und Arbeitsorten entstehen. Ein Knotenpunkt, der von allen Bevölkerungsgruppen und -schichten genutzt wird. Der erste große Schritt in diesem Projekt ist die schrittweise Schließung und der für 2021 geplante Abriss des Parkhaus Büchel. Im Sondierungsverfahren „Stadt machen am Büchel“ wird nach innovativen Nutzungs- und Investitionsideen für das neue Innenstadtquartier gesucht. Die Vorschläge sollen identitätsstiftend und städtebaulich passend in eine altstadttypische Umgebung eingebettet werden können und sich durch eine lebendige Nutzungs- und Perspektivenvielfalt auszeichnen.
 
Vivienne Graw: Welche Ziele verfolgt die Stadt Aachen mit diesem Projekt in erster Linie?
 
Nils Jansen: Hauptziel des Projektes ist es ein lebendiges, nutzungsdurchmischtes neues Stück Altstadt zu bauen und damit auch ein Stück Stadt zu reparieren, das aktuell einerseits durch das Parkhaus „Büchel“ dominiert, andererseits durch den Prostitutionsbetrieb in der Antoniusstraße geprägt wird.
 
Antje Eickhoff: Es geht auch darum, möglichst viele Personen für das Projekt zu begeistern und kleinteilige Strukturen zu schaffen. Das bedeutet, wenn mal 1-2 Bausteine ausfallen, dass es dann nicht schwer ist, neue Nutzer*innen zu finden, weil die Bausteine so klein und multifunktional sind. Ich meine dieses „Hybride“, wo Wechsel auch Spaß machen kann, das Dynamische, das sich an die Gegebenheiten anpassen kann.
 
Ein städtebaulicher Wettbewerb wurde für die gesamte Fläche zwischen Büchel und Klein- bzw. Großkölnstraße bereits ausgeschrieben, doch die Investoren hatten sich zurückgezogen. Bedeutet das, dass es kein städtebauliches Konzept für die Zeit nach dem Abriss gibt?
 
NJ: Den Beschluss, dieses Parkhaus abzureißen, gibt es bereits seit 1986. Seitdem gab es verschiedene Versuche, das Gebiet zu entwickeln. Der letzte startete 2014/2015 mit den damaligen Investoren, die gemeinsam mit der Stadt einen städtebaulichen Wettbewerb durchgeführt haben, der sich sehr stark an ihrem Programm orientiert hat. Damals ging es dem Einzelhandel noch besser, d.h. es wurden viel mehr Einzelhandelsflächen geplant. Jetzt, wo die Stadt die Federführung hat, spielen andere Programmbausteine, wie öffentliche Nutzungen, eine stärkere Rolle. Deswegen können wir den damaligen städtebaulichen Wettbewerb nicht mehr als Grundlage nutzen. Mit unserem neuen Ideenwettbewerb sondieren wir aktuell zu einem möglichen Raumprogramm. Auf Grundlage der eingereichten Konzepte wird es dann ein städtebauliches Qualifizierungsverfahren geben. Zum Schluss werden die Ergebnisse dann in einen Bebauungsplan gegossen.
 
Beim Sondierungsverfahren werden vermutlich die unterschiedlichsten Nutzungskonzepte und -ideen eingereicht. Welche Nutzungen wünschen Sie sich für das Gebiet?
 
AE: Wir sind für alles offen. Wir wollen einen bunten Mix.
 
NJ: Von ganz klein bis ganz groß nehmen wir jede Idee gerne entgegen.
 
Eine Stadtentwicklungsgesellschaft (SEGA) wurde extra für dieses Projekt gegründet. Finanziert die Stadt die eingereichten Ideen mit? Oder muss die Finanzierung bei der Idee immer schon mitgedacht werden?
 
NJ: Jede Idee muss auf eigenen Füßen stehen können. Private Nutzungsideen müssen sich selbst tragen können. Bei öffentlichen Nutzungen müssen sie entweder aus öffentlichen Haushalten oder über Städtebauförderung ihre eigenen Finanzierungsquellen bekommen. Wir hoffen, dass wir Grundstückspreise anbieten können, die verschiedenste Nutzungen ermöglichen.
 
Die Stadt Aachen hat bei diesem Projekt die Federführung. Wie viel Immovielienpotenzial steckt in dem Projekt?
 
NJ: Potenzial steckt schon deswegen drin, weil wir das Grundstück nicht an einen einzigen Investor geben, sondern über das Sondierungsverfahren eine Vielfalt zulassen.
 
AE: Ein Beispiel dafür, wieviel Immovielie jetzt schon drinsteckt, sind unsere „Meffis“ aus der Mefferdatisstraße. Das sind zwei Häuser, die der SEGA bereits gehören und die im Erdgeschoss von einer Gruppe junger Stadtmacher*innen genutzt werden sollen. Dahinter stecken 35 Initiativen aus ganz Aachen, mit großartigen Konzepten. Das wird auf jeden Fall eine Immovielie werden. Einige der Initiativen denken auch weiter, wie sie sich im Rest von Büchel einbringen können. Der Immovielien-Geist ist im Projekt also deutlich spürbar.
 
Orientiert sich die Stadt Aachen an anderen Immovielienentwicklungen, die von Kommunen und Zivilgesellschaft gemeinsam vorangetrieben werden?
 
AE: Je nachdem, um welches Thema es gerade geht, muss ich an ein anderes Projekt denken. Zum Beispiel lässt mich die Mischung aus klein- teiligen Existenzgründungsgeschichten oft an Fritz 23 in Berlin denken. Und wir hatten bereits Tobias Becker von der Rohrmeisterei Schwerte und dem Netzwerk Immovielien hier, der für die „Meffis“ Frage und Antwort gestanden hat. Auch mit Christian Hampe aus Utopiastadt sind wir im Gespräch. Wir haben da also einen ganzen Katalog an Inspirationen.
 
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Mehr Informationen zum Projekt unter: buechel-aachen.de
 
Das Immovielien-Heft 1: Hier online abrufbar.